Gedanken zu Hygienemaßnahmen in der Vogelzucht
von Egon Kempel
von Egon Kempel
Es ist unbestritten, dass Hygiene in der Vogelzucht ein elementarer Bestandteil sein muss. Dies betrifft vor allem natürlich die Vögel selbst, den Züchter und Besucher und eventuell Nachbarzuchtanlagen in Gemeinschaftsanlagen.
Mangelnde Hygiene ist mit Sicherheit für einen großen Anteil an vermeidbarem „Vogeltod“ verantwortlich. Aber auch der Halter/Züchter kann durch schlechte Hygiene in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Weitergabe von Vögeln an andere Züchter und Halter aus unsachgemäßer Haltung tut ein Übriges. Beim Kauf von Vögel sollte der Käufer, darauf achten, dass er nur dann Tiere kauft, wenn er überzeugt ist, dass die erstandenen Vögel aus einer sauberen Umgebung stammen, Wer schleppt sich schon gerne Krankheiten ein?
Im folgenden eine Unterteilung der verschiedenen Bereiche, wo Hygiene ein Muss ist:
Es ist unerlässlich, dass den Vögeln immer eine saubere und frische Raumluft zur Verfügung gestellt werden muss. Dies geschieht in der Regel durch zwei bis drei Maßnahmen.
Die Zuchtanlage sollte ein Be- ud Entlüftungssystem haben. Hier genügt ein Ventilator-System welches die Raumluft entsorgt; d.h. nach außen abführt. Meistens genügt ein kräftiger Ventilator der ca. 50-100m³ pro Stunde abführt. Ein Rohrsystem mit ein paar Öffnungen (Saugkanal= sollte dann installiert sein, wenn die Zuchtanlage relativ groß ist.
Desweiteren ist ein Umluftfilter speziell in der Wellensittichzucht sehr von Vorteil. Es muss darauf geachtet werden, dass dieser Umluftfilter einen Hepa-Filter (Feinstfilter) beinhaltet. Der größte Anteil an Feinstaub wird mit Sicherheit durch diesen Umluftfilter entfernt. Es ist nicht nötig, dass der Filter 24 Stunden am Tag in Betrieb ist. Dreimal zwei Stunden sind ausreichend, und dies während der Tageszeit, weil dann durch Flügelschlag der meiste Staub aufgewirbelt wird. Filtergaze sollte alle paar Wochen gereinigt bzw. auch ab und zu mal erneuert werden.
Als zusätzliche Maßnahme ist der Einsatz eines Ionisators sehr von Vorteil. Diese Ionisatoren sind Kleingeräte, die die Raumluft ionisieren, d.h. Kleinstpartikel wie Schimmelsporen, Bakterien, Geruchsstoffe werden aufgeladen und binden sich zu größeren Einheiten und können so besser in dem Umluftfilter abgefangen werden. Ionisatoren produzieren geringe Mengen an Ozon. Dieses sehr reaktive Gas wirkt als Desinfektionsmittel keimtötend. Auch bewirkt das Ozon eine Spaltung von geruchsbildenden Molekülen. Es muss allerdings darauf geachtet werden, dass der Ionisator ein Kleingerät bleibt, damit die Produktion von Ozon nicht zu hoch wird. Auf der anderen Seite wird durch die Entlüftung das überschüssige Ozon ja auch entfernt.
Sofern es machbar ist, sollten Oberflächen im Vogelhaus des Öfteren gereinigt werden. Dies ist zwar immer eine mühsame Arbeit, aber ist unerlässlich. Zu Oberflächen gehört natürlich auch der Volierenboden, die Einschübe der Boxen, sowie bei Vögeln die Nistkästen. Diese Reinigung sollte mit Wasser erfolgen, welches mit einer kleinen Menge von z.B. Virkon S versetzt ist. Virkon S tötet sämtliche Bakterien, Schimmelpilze und Viren. Wenigstens ist einmal im Jahr eine Grundreinigung erforderlich. Bei dieser Reinigung sollten alle Oberflächen gründlich mit Virkon S – Wasser abgewaschen werden. Eventuelle Reste von Virkon S auf Oberflächen sind nach einigen Stunden abgebaut und haben sich in harmlose Substanzen umgewandelt. In der Zeit von harmlose Substanzen umgewandelt. In der Zeit von Vogelgrippe empfiehlt es sich, vor Betreten der Anlage die Schuhe mit Virkon S – Wasser zu behandeln. Virkon S hat die Zulassung hierfür.
Sämtliches Futter sollte unbedingt in geschlossenen Behältern gelagert werden bzw. in noch ungeöffneten Säcken. Bei einem Feuchteanteil über 5 % können sich Schimmelpilze im Futter vermehren und ausbreiten. Schimmelpilze erzeugen bekanntermaßen so genannte Mykotoxine (Gifte), die, vom Vogel aufgenommen, zu einem langsamen Siechtum führen. In der Regel dauert dies Monate, bis der Vogel verendet. Einige Züchter benutzen deshalb „Multiprop“, welches, im Futter eingegeben, die vorhandenen Schimmelpilzsporen abtötet. Die Ludwig-Maximilians-Universität München schätzt, dass über 50 % der toten Volierenvögel durch Mykotoxine umkommen.
Bei der Keimfutterherstellung ist besonders darauf zu achten, dass keine Schimmelpilzvermehrung entsteht. Auch die Vermehrung von vorhandenen Bakterien muss unterbunden werden. Dies geschieht in erster Linie durch gründliches Waschen der Körner (z.B. Nackthafer). Trotzdem ist es nicht möglich alle Pilze und Bakterien durch alleiniges Waschen von den Oberflächen der Körner zu entfernen. Hier hilft das Produkt „Vetresan“. Ca. 1.0 ml Vetresan auf 1.0 kg Körner zusammen im Einweichwasser (mindestens vier Stunden) tötet zu 100 % alle Keime. Das Keimfutter riecht danach frisch und ist absolut sauber.
Als Vogeltränken für Volieren haben sich Nippeltränken bzw. Tränken mit einem Kugelventil als optimal herausgestellt. Trotzdem sollten auch solche Behältnisse immer gründlich gereinigt werden. Auch hier empfiehlt sich „Virkon S“. Sollten kleine Reste von Virkon S auf Oberflächen verbleiben, so führt dies nicht zur Schädigung der Vögel. Seit 2013 ist Virkon S auch für Trinkwasser zugelassen. Trinkröhrchen sollten mindestens alle zwei Tage ausgewechselt werden. Die Reinigung der Trinkröhrchen muss gründlich sein, z.B. mit kochendem Wasser bzw. durch den Einsatz eines handelsüblichen Geschirrspülers. Nach zwei bis drei Jahren sollten die Trinkröhrchen entsorgt werden. Die innere Oberfläche ist mittlerweile ziemlich aufgeraut und Bakterienfilme bilden sich schneller. Trinkröhrchen kosten zwischen 30 und 40 Cent und die Investition in neue Röhrchen ist nicht hoch. Offene Wasserschalen in den Volieren sollten in keinem Fall benutzt werden.
Parasiten sind ein ernst zu nehmendes Problem in der Vogelzucht. Neben blutsaugenden Milben finden sich so genannte Krätzemilben an den Füßen und Schnabel, sowie Trichomonaden im Kropf, sowie Wurmbefall im Darm. Federlinge sind seltener, aber hin und wieder auch ein Problem. Mit den oben genannten Parasiten haben sicher schon die meisten Vogelzüchter zu tun gehabt und wenn nicht, wird irgendwann einer dieser Parasiten zuschlagen. Blutsaugende Milben lassen sich mittlerweile sehr gut mit „MilBan“ bekämpfen. Dieses Gel, wenn fachgerecht eingesetzt, tötet zu 100 % alle Milben ab. Es gibt keine Resistenzbildung. Das Mittel enthält keine Insektizide oder Pestizide und ist dementsprechend ungiftig. MilBan sollte extrem dünn auf die Oberflächen aufgepinselt werden. Dicke Schichten von MilBan vermindern die Wirkung. Nur durch eine dünne Schicht stellen sich die mikroskopisch kleinen, messerscharfen Silikat-Kristalle senkrecht auf und schädigen die Keratin-Schicht der Milben. Bei Vögeln sollte auch das Innere des Nistkastens behandelt werden. Ferner die bekannten Laufwege, Sitzstangen, Unterseite der Schubladen usw. Weiter ist es sinnvoll Vögel mit „Ivomectin“ zu behandeln. Hierzu wird eine 0,1 %ige Lösung benutzt. Ein Tropfen auf die Haut, evtl. nach 14 Tagen wiederholen.
Ivomectin dringt in den Vogelkörper ein und geht in das Blut der Vögel über. Saugende Milben sterben dann nach kurzer Zeit ab, auch Federlinge. Ivomectin ist bei allen Tierärzten erhältlich, es sollte aber immer nur 0,1%ig sein.
Bei Trichomonaden empfiehlt sich die Verabreichung von Metronidazol oder Ronidazol (vom Tierarzt). Bitte darauf achten, dass es nicht ein Mittel für Tauben ist. Diese sind viel zu stark und können zum Tod von kleineren Vögeln führen. Die Verabreichung erfolgt über das Trinkwasser und sollte sieben Tage dauern.
Bei Wurmbefall gibt es diverse Mittel, die über das Trinkwasser gegeben werden, z.B. Levamisol. Prof. Kaleta empfiehlt 200 mg/ 1 l Trinkwasser für drei Tage (vom Tierarzt). Seltsamerweise ist Levamisol in sehr geringen Dosierungen auch ein Immunstimulanz.
Dieses Antimilbenmittel ist eine ungiftige Dispersion. Das Mittel wird auf die Laufwege mit einem Pinsel aufgestrichen. Nach Auftrocknung hält die Wirkung 12 Monate. Sobald Milben über den fast unsichtbaren Film laufen trocknen sie sofort aus und sterben ab.
Bei der Behandlung von kranken Vögel werden die Grenzen des Vogelzüchters schnell aufgezeigt. Es gibt eine Vielzahl von krankmachenden Bakterien, Viren und Pilzen. Nur wenige Sofortmaßnahmen sind erfolgreich. Normalerweise sollte eine Kotprobe genommen und untersucht werden und dann die empfohlenen Maßnahmen, die das untersuchende Institut vorschlägt, durchgeführt werden. Aber auch Kotproben sind unsicher. Autopsie eines toten Vogels bringt bessere Gewissheit, aber, wer opfert schon einen wertvollen Vogel. Wir stehen hier vor einem Dilemma.
Nun, was ist zu tun?
Die Mehrzahl der Vogelzüchter geht erst mal nach der Schrotschussmethode vor – Antibiotika in den Schnabel oder direkt ins Trinkwasser. In etwa 50 % der Fälle hilft dies auch, bei gerade flüggen Jungvögeln fast zu 100 %. Alles was hier getan wird, kann immer nur eine Teillösung sein. Und es ist wohl so, dass dies immer so sein wird. Es wird herum probiert, manchmal klappt es oder auch nicht. Es empfiehlt sich in jedem Fall das Labor der Vogelklinik der Uni Leipzig, Dr. Volker Schmidt einzuschalten.
Bei der Erkrankung eines Vogels durch Macrohabdiose, allgemein bekannt als Erkrankung durch Megabakterien, ist eine Kotuntersuchung sehr zielführend. Macrohabdiose ist eine Pilzerkrankung und hat nichts mit Bakterien zu tun. Im frühen Stadium der Erkrankung ist eine Behandlung mit Amphotericin B oder auch Nystadin erfolgsversprechend. Die Dauer der Behandlung sollte midestens drei Wochen betragen und es empfiehlt sich den gesamten Bestand zu behandeln.
Es ist bekannt, dass viele Vögel Träger dieser Pilze sind, aber durch ein gutes Immunsystem kommt es nicht zum Ausbruch. Stress fördert den Ausbruch. Der Zukauf von vielen Vögeln von verschiedenen Züchtern in kurzem Zeitraum fördert den Krankheitsausbruch ungemein. Nach erfolgreicher Behandlung mit Antibiotika oder auch Pilzhemmer ist es zwingend notwendig, die Darmflora der Vögel wieder aufzubauen. Hier sind probiotische Substanzen sehr wirksam, wie z.B. „Protexin“. Diese Maßnahme führt innerhalb von 14 Tagen zu einem gesunden Aufbau der Darmflora. Auch die Gabe von Obstessig ins Trinkwasser ist sehr vorteilhaft.
Das oberste Ziel ist es durch gute Fütterung und Hygiene den Vogelbestand gesund zu erhalten. Es empfehlen sich noch folgende Maßnahmen: